Die Stadt der Träumenden Bücher

Walter Moers

Piper Verlag
Rezension ist von 10/2004
Leserschwert-Genre: Fantasy

Zamonien-Meister

Im Zamonischen Wörterbuch findet sich unter dem Begriff ,Abenteuer‘ folgender folgenschwerer Eintrag: „Eine waghalsige Unternehmung aus Gründen des Forschungsdrangs oder des Übermuts; mit lebensbedrohlichen Aspekten, unberechenbaren Gefahren und manchmal fatalem Ausgang.“ Das ist durchaus als Warnung zu verstehen, denn das vorliegende Werk des berüchtigten zamonischen Dichters Hildegunst von Mythenmetz entführt den Leser an einen Ort, an dem Lesen ein hochriskantes Abenteuer ist. In die Stadt Buchhaim, in der sich die sonderbarsten Kreaturen, Magie treibende Buchimisten und finstere Buchlinge tummeln, in ein Zauberreich der Literatur, wo Bücher keineswegs bloß der Zerstreuung dienen, sondern einen unvorsichtigen Leserling verletzen und vergiften, in den Wahnsinn oder gar in den Tod treiben können. In dieser Stadt sucht Mythenmetz nach dem Autor eines Manuskripts, das ihm sein Dichtpate Danzelot von Silbendrechsler hinterlassen hat, und taucht dabei immer tiefer in das zwielichtige Labyrinth des mächtigen Schattenkönigs …
Zurück in Zamonien: Nach „Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär“, „Ensel und Krete“ und „Rumo“ zieht Walter Moers wieder alle Register der bodenlos unfassbaren Sprachkunst und orgelt volle Pfeife durch seine Phantasiewelt, die dort anfängt, wo genormte Hirnwindungen in Sackgassen verenden. Mit Fantasy aus der Genre-Schublade hat das nichts zu tun, mit einem selbstgefälligen Skurrilitäten-Setzkasten noch weniger. Moers ist mehr Märchen, poetisch und brutal, originär und originell. Ein echtes zamonisches Abenteuer eben.